Mazedonien: Ärzte ohne Grenzen behandelt zehn Menschen mit Verletzungen durch Blendgranaten

21.08.2015
Chaotische Lage an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland: Unter den Flüchtlingen herrscht Angst, Panik und Frustration.
Chaotic scenes at Greece/FYROM Border
Eloisa D'orsi
People are prevented from crossing the Greek / Macedonian border by Macedonian troops

Wien, am 21. August 2015 – Ein mobiles medizinisches Team von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) hat heute in der Region Idomeni an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland zehn Menschen mit Verletzungen durch Blendgranaten behandelt. Die Blendgranaten wurden von mazedonischen Grenztruppen abgeschossen. Die Lage in der Region ist chaotisch: 3.000 Migranten und Flüchtlinge werden von mazedonischen Truppen mit Gewalt daran gehindert, die Grenze zu überqueren. Es wurde Tränengas eingesetzt, unter den Flüchtlingen herrscht Angst, Panik und Frustration.

Vier Personen, die durch die Granaten verletzt wurden, mussten in ein Spital überstellt werden. Es gab auch einen Verletzten, der von einem mazedonischen Soldaten geschlagen worden war. Sechs der zehn Patienten hatten weniger schwere Verletzungen und konnten vor Ort behandelt werden.

„Gewalt der Behörden ist empörend“

„Die von den mazedonischen Behörden angewandte Gewalt gegen Menschen, die ungefährlich und verletzlich sind, ist empörend und muss sofort aufhören“, fordert Aurelie Ponthieu, Beraterin für Migrationsfragen bei Ärzte ohne Grenzen. „Die schockierenden Szenen von heute sind die Folge extremer Maßnahmen, die verzweifelte Menschen, die vor Gewalt und Krieg fliehen, davon abhalten sollen, Grenzen zu überschreiten. Aber das Dichtmachen von Grenzen und der Einsatz von Gewalt ist keine Lösung, sondern führt nur zu einer humanitären Krise auf der anderen Seite der Grenze.“

Bereits am Donnerstag war die Situation extrem angespannt. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen mussten 100 Patienten behandeln. Das ist die höchste Anzahl an Behandlungen an einem Tag, seit die Hilfsorganisation im April die Aktivitäten in Idomeni aufgenommen hat. Mehrere Patienten mussten in Krankenhäuser gebracht werden: Eine schwangere Frau, die starke Schmerzen hatte und blutete, ein einjähriges Baby aus Syrien, das vor wenigen Monaten am Kopf operiert wurde und stationäre Behandlung brauchte, ein Mann, der berichtete, dass er von der mazedonischen Polizei geschlagen worden ist, sowie vier Patienten, die wegen Erschöpfung, Hitze und Hunger ohnmächtig geworden waren. Die Teams verteilten auch Hilfsgüter an die Menschen an der Grenze.

Würde von Flüchtlingen muss gewahrt werden

Nach dem Dublin-Abkommen müssen Flüchtlinge im ersten EU-Land, das sie betreten, um Asyl ansuchen. Doch die griechischen Behörden haben große Schwierigkeiten, würdige Aufnahmebedingungen zu gewährleisten; viele Flüchtlinge sehen deshalb keine andere Möglichkeit, als ihre Flucht fortzusetzen und über den Balkan weiter in Richtung Norden zu fliehen.

„Wie kann man erwarten, dass tausende Menschen an einem Ort bleiben wollen, der nicht einmal für wenige Tage anständige Aufnahmebedingungen garantieren kann?“, fragt Ponthieu. „Was wir hier erleben, ist die Absurdität des europäischen Asylsystems und die gravierenden Auswirkungen davon auf die Gesundheit und die Würde von Flüchtlingen.“

Ärzte ohne Grenzen ist seit April an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni tätig. Die Teams bieten medizinische Versorgung, psychologische Betreuung und verteilen Hilfsgüter. Mobile medizinische Teams versorgen die Flüchtlinge und Migranten an fünf Tagen pro Woche. Zu den verteilten Hilfsgütern gehören unter anderem Decken, Energieriegel und Seife. 

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