Krieg im Jemen: Bericht zeigt tödliche Konsequenzen für Mütter und Kinder

25.04.2019
Jemen
Ein Bericht von Ärzte ohne Grenzen über die jemenitische Klinik Tais-Al-Huban zeigt auf: Fast ein Drittel der Babys ist bei der Aufnahme nicht mehr am Leben.
MSF Mother and Child Hospital - Taiz
Matteo Bastianelli
Two premature twins closely monitored at the neonates department of the MSF run “Mother and Child”. Public hospitals in the area is not fully functioning and the few private health facilities that are still running are inaccessible or unaffordable to many people. Taiz Houban. Yemen

Ein Bericht von Ärzte ohne Grenzen über die jemenitische Klinik Tais-Al-Huban zeigt auf: Fast ein Drittel der Babys ist bei der Aufnahme nicht mehr am Leben.

Wien/Sanaa, 25. April 2019. Der Krieg im Jemen hat dramatische Auswirkungen auf Schwangere und Babys. Das geht aus einem Bericht hervor, den Ärzte ohne Grenzen nun veröffentlicht. Aufzeichnungen aus einem von der internationalen Hilfsorganisation betriebenen Krankenhaus in Tais und einer von ihr unterstützten Klinik in Abs zeigen, wie tödlich die Konsequenzen des Konflikts für Mütter und Kinder sind.

Laut dem Bericht „Complicated delivery“ registrierten die Krankenhäuser in Al-Huban, einem Vorort der Großstadt Tais, und in der Stadt Abs zwischen 2016 und 2018 den Tod von 36 Müttern und 1529 Kindern, darunter 1018 Neugeborene. Fast ein Drittel der Todesfälle in der Klinik in Tais-Al-Huban waren Neugeborene, die bereits bei der Ankunft tot waren. Die Todesursachen bei den Neugeborenen waren vor allem Frühgeburt, Sauerstoffmangel bei der Geburt und schwere Infektionen.

"Eine unserer größten Herausforderungen ist es, das Baby gesund zur Welt zu bringen und das Leben der Mutter zu retten." Der Krieg im #Jemen hat besonders für Mütter und Neugeborene tödliche Konsequenzen. Unser aktueller Bericht: https://t.co/dqnvoRFq9Q pic.twitter.com/VVQVQn7SET

— Ärzte ohne Grenzen (@msf_de) 24. April 2019

Sechs Stunden bis zum Spital 

Die Kriegsparteien im Jemen und ihre internationalen Unterstützer haben den Zusammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems herbeigeführt, das die Bedürfnisse der 28 Millionen Menschen im Land nicht mehr decken kann. Um eine funktionierende Gesundheitseinrichtung zu erreichen, in der sie sich die Behandlung auch leisten können, müssen viele Jemenitinnen und Jemeniten Frontlinien überqueren oder mehrere Checkpoints passieren. Vor dem Konflikt konnten die Bewohnerinnen und Bewohner von Al-Huban in zehn Minuten ein öffentliches Krankenhaus im Stadtzentrum von Tais erreichen. Heute kann der Weg sechs Stunden dauern – und das für Schwangere oder Neugeborene in kritischem Zustand.

MSF/Matteo Bastianelli
Taiz, Jemen, 17.03.2018: Zwei Babys werden in der Neugeborenenabteilung des Mutter-Kind Krankenhauses von Ärzte ohne Grenzen betreut.


„Luftangriffe und Kämpfe verhindern, dass Patientinnen und Patienten aus dem Haus gehen, aus Angst vor Angriffen. Einmal wurde ein Auto aus der Luft getroffen und alle Insassen wurden getötet", berichtet eine Hebamme im Krankenhaus von Abs. Die schwierige Sicherheitslage trifft nicht nur Menschen, die medizinische Versorgung benötigen, sondern auch das medizinische Personal. „Unser Krankenhauspersonal zieht es vor, eine 14-stündige Nachtschicht statt einer achtstündigen Tagesschicht zu arbeiten, um Fahrten nachts zu vermeiden", sagt Jana Brandt , die die Klinik von Ärzte ohne Grenzen in Tais-Al-Huban kürzlich einen Monat lang geleitet hat. Auch die Sorge vor Angriffen auf das Krankenhaus ist groß. Das Krankenhaus in Abs wurde bereits einmal getroffen.

Zwei Mütter mit ihren Babys im Mutter-Kind Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen.
MSF/Matteo Bastianelli
Taiz, Jemen, 17.03.2018: Zwei Mütter mit ihren Babys im Mutter-Kind Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen.


Ärzte ohne Grenzen fordert alle Kriegsparteien auf, den Schutz von Zivilistinnen und Zivilisten sowie medizinischem Personal zu gewährleisten und Verwundeten und Kranken den Zugang zu medizinischer Hilfe zu ermöglichen. Einschränkungen für humanitäre Organisationen müssen gelockert werden, damit diese schnell auf die massiven Bedürfnisse reagieren können. Internationale Hilfsorganisationen müssen ihre humanitäre Hilfe verstärken und mehr erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gebiete mit dem größten Bedarf schicken.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet im Jemen mit mehr als 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in zwölf Krankenhäusern und Gesundheitszentren und unterstützt mehr als 20 Gesundheitseinrichtungen in elf Provinzen: Abjan, Aden, Amran, Hadscha, Hodeida, Ibb, Lahdsch, Saada, Sanaa, Schabwa und Tais.