Jemen: Krankenhaus in Razeh unter Beschuss

21.10.2009
Ärzte ohne Grenzen fordert Respekt vor Gesundheitseinrichtungen

Im nördlichen Jemen ist vor zwei Monaten der Krieg wieder ausgebrochen. Eines der wenigen funktionierenden Krankenhäuser im Regierungsbezirk Saada ist vergangene Woche ebenfalls beschossen worden, und die Mitarbeiter mussten die Aktivitäten einstellen. Es ist dringend notwendig, ein Krankenhaus in einer sicheren Umgebung einzurichten, um Zugang zu medizinischer Hilfe zu gewährleisten. Ärzte ohne Grenzen ist bereit, die medizinische Arbeit in dem Regierungsbezirk so schnell wie möglich wieder aufzunehmen.

Das Krankenhaus in dem Ort Razeh im Regierungsbezirk Saada wurde in der Nacht von 15. auf den 16. Oktober beschossen. Mitarbeiter und Patienten waren am folgenden Tag gezwungen, das Gebäude zu evakuieren, obwohl viele Verletzte weiterhin medizinische Hilfe benötigt hätten. Am Tag zuvor sind noch zehn verwundete Patienten, einschließlich sechs Kinder und zwei Frauen, stationär aufgenommen worden.

Ärzte ohne Grenzen wiederholt den Aufruf an alle kriegführenden Parteien, die Sicherheit der medizinischen Einrichtungen und den Zugang für die Bevölkerung zu Gesundheitsversorgung zu garantieren.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit Ende 2007 in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium in den beiden Krankenhäusern in den Orten Al Talh und Razeh im Regierungsbezirk Saada kostenlose medizinische und chirurgische Hilfe. Die Arbeit musste bisher dank einer Vereinbarung mit beiden Konfliktparteien nicht unterbrochen werden, auch wenn es oft Schwierigkeiten gab. Da nicht einmal mehr minimale Sicherheitsstandards vorhanden sind, ist medizinische Hilfe nicht länger möglich.

Im Krankenhaus in Al Talh mussten die Mitarbeiter am 27. September aufhören zu arbeiten und in Razeh am 16. Oktober. Seit Ausbruch der Kämpfe haben Ärzte ohne Grenzen und das jemenitische Gesundheitsministerium gemeinsam mehr als 2.000 Notfälle behandelt und 195 chirurgische Eingriffe durchgeführt, von denen 70 Prozent auf die Kämpfe zurückzuführen waren. 330 Patienten wurden stationär aufgenommen und 130 Kinder zur Welt gebracht. Diese Krankenhäuser waren die letzten beiden außerhalb der Stadt Saada in dem Regierungsbezirk, die weiterführende medizinische Hilfe angeboten haben. Dass die Arbeit hier eingestellt werden musste, ist daher besonders besorgniserregend.

„Nach über zweimonatigen unaufhörlichen Kämpfen nehmen die medizinischen und chirurgischen Bedürfnisse in der Region Saada rasant zu. Ein Großteil der Bevölkerung hat aber keinen Zugang mehr zu medizinischen Einrichtungen“, sagt Isabelle Defourny, Programmverantwortliche von Ärzte ohne Grenzen für den Jemen in Paris. „Es müsste dringend an einem Ort ein Krankenhaus eingerichtet werden, an dem die Menschen sicheren Zugang zu Gesundheitsversorgung haben“.

In der Region Mandabah im Distrikt Baqim nördlich des Regierungsbezirks Saada ist die nötige Sicherheit gegeben. Viele Menschen, die vor den Kämpfen geflohen sind,  haben sich dort zusammengefunden. Teams von Ärzte ohne Grenzen haben in der Region seit Ende August Untersuchungen durchgeführt, und sehen es als Priorität an, dort umgehend ein Krankenhaus einzurichten.

Die Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen stehen bereit, Hilfe zu leisten. Ärzte ohne Grenzen wartet auf die behördliche Genehmigung, um in Mandabah schnellstmöglich arbeiten zu können.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben zwischen Januar und Juli 2009 etwa 30.000 Behandlungen durchgeführt, von denen 8.000 Notfälle waren, und mehr als 700 Patienten chirurgisch behandelt, von denen einige Hundert Kriegsverletzte waren.