Italien: Ärzte ohne Grenzen fordert bessere Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge und Migranten auf Lampedusa

03.05.2011
Wieder tausende Menschen in Lampedusa gelandet
Italien 2011
Mattia Insolera
Lampedusa, Italien, 19.04.2011: Nach drei Tagen Seereise in einem alten Fischerboot erreichten 760 MigrantInnen am 19. April 2011 die Insel.

Rom/Wien, 3. Mai 2011. Die medizinische Nothilfeorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert die italienischen Behörden erneut dazu auf, die Aufnahmebedingungen für Menschen aus nordafrikanischen Ländern drastisch zu verbessern, insbesondere für Frauen, Kinder, unbegleitete Jugendliche und Gewaltopfer. Am vergangenen Wochenende sind zwölf Boote mit 2.665 Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten an den Küsten Italiens gelandet. Weitere 715 Personen wurden von einem Boot vor der Küste gerettet. Drei Viertel der Boote kamen aus Libyen. In den meisten Fällen reagierten die italienischen Behörden völlig unangemessen.

„Während die Politiker über die Zukunft von Migranten in Europa diskutieren, landen in Italien Flüchtlingsschiffe und Menschen leiden unnötig. Italien muss dringend seine Verantwortung wahrnehmen und angemessene Aufnahmebedingungen für Menschen schaffen, die verzweifelt an den Küsten landen”, erklärt Loris De Philippi, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen.

Überfüllte Aufnahmezentren

„Am vergangenen Wochenende gingen den italienischen Behörden trockene Kleidung und Trinkwasser aus, die für Menschen mit Unterkühlung und im Schockzustand dringend benötigt werden. Hunderte wurden in überfüllte Aufnahmezentren gebracht, in denen sie auf schmutzigen Matratzen schlafen mussten ohne ausreichend Decken, Handtücher und Seife. Andere waren sogar dazu gezwungen, im Freien zu schlafen", sagt Rolando Magnano, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Italien.

Die Neuankömmlinge vom vergangenen Wochenende kommen zu den mehr als 27.000 Menschen hinzu, die in diesem Jahr in Italien bereits mit dem Boot angekommen sind. Viele haben die gefährliche Überfahrt infolge der Aufstände und Gewalt in Nordafrika seit Dezember 2010 auf sich genommen. Anfang des Jahres kamen die meisten Neuankömmlinge aus Tunesien, mittlerweile kommen immer mehr aus Libyen. Am 19. April erreichte die bisher größte Gruppe per Boot Italien. 760 Menschen hatten sich auf ein Schiff gezwängt. Die Mehrheit der Ankömmlinge aus Libyen ist äthiopischer, somalischer und eritreischer Herkunft. Viele von ihnen waren vor Gewalt in ihrer Heimat geflohen.

Kinder in gefängnisähnlichen Zentren

„Die Ankömmlinge aus Libyen berichten, dass sie Gewalt erlebt haben und bedroht wurden. Auf einige wurde geschossen, andere wurden geschlagen oder haben ihre Freunde sterben sehen”, berichtet Rolando Magnano. „Einige erzählen von entsetzlichen Haftbedingungen. 65 Menschen werden für einen Monat in einem winzigen Raum ohne Wasser festgehalten, so dass sie aus Toiletten trinken müssen, um zu überleben.”

Vergangenen Montag wurden 1.200 Flüchtlinge in das Aufnahmezentrum auf Lampedusa gepfercht, das nur auf 800 Personen ausgelegt ist. Kinder und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in geschlossenen, gefängnisähnlichen Zentren untergebracht. Seit Februar kümmert sich Ärzte ohne Grenzen um die medizinische Erstuntersuchung von Flüchtlingen, die am Militärhafen von Lampedusa ankommen. Zusätzlich hat Ärzte ohne Grenzen fast 800 medizinische Konsultationen für Migranten und Flüchtlinge in Lampedusa durchgeführt und hat mehr als 4.500 Decken verteilt sowie mehr als 2.500 Personen mit Hygieneartikeln versorgt.

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