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„Ich will Frieden zurück in meine Heimat bringen.“
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In Sizilien versorgt Ärzte ohne Grenzen Menschen, die auf dem gefährlichen Seeweg über das Mittelmeer Europa erreichen. Die Einsatzteams bieten sowohl medizinische als auch psychologische Betreuung für die Neuankömmlinge an. Eine davon ist Anna, die ihr Heimatland Eritrea im Alter von 16 Jahren verlassen musste.
Mehr als 35.000 Migranten und Migrantinnen haben zwischen Jänner und Mitte Mai 2015 versucht, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Vergangenes Jahr erreichten mehr als 170.000 Menschen auf dieser gefährlichen Route die italienische Küste.
Grundversorgung für Ankömmlinge
Viele der Menschen, die von maroden und überfüllten Booten gerettet werden, kommen auf der italienischen Insel Sizilien an. Am Hafen von Pozzallo in der südlichen Provinz Ragusa empfängt am Anlegeplatz ein medizinisches Team von Ärzte ohne Grenzen die Ankömmlinge. Unsere Einsatzkräfte arbeiten an der Seite von Teams des italienischen Gesundheitsministeriums. Die Ärzte, Pflegefachkräfte und kulturellen Mediatoren führen Gesundheitskontrollen bei den ankommenden Menschen durch und bieten medizinische Grundversorgung an– sowohl in den Stunden nach ihrer Ankunft als auch während ihres Aufenthalts im Erstaufnahmezentrum.
Im Jahr 2014 untersuchten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Italien 26.081 neuankommende Migranten und Migrantinnen und führten 2.594 medizinische Konsultationen sowie 700 psychologische Erstgespräche durch. Während der ersten drei Monate des Jahres 2015 wurden bereits 1.349 Gesundheitskontrollen und 566 medizinische Untersuchungen durchgeführt.
Im sekundären Aufnahmezentrum der Provinz Ragusa warten Migranten und Migrantinnen auf den Bescheid ihres Asylantrages. Dort leistet ein psychologisches Team von Ärzte ohne Grenzen psychosoziale Hilfe für die Menschen. Die beiden PsychologInnen bieten sowohl anlassbedingte Beratungsgespräche als auch langfristige Unterstützung an. Wer unter schwerwiegenden psychischen Problemen leidet, wird an einen Psychiater oder eine Psychiaterin überwiesen.
Als die heute 21-jährige Anna erstmals versuchte, Eritrea zu verlassen, war sie noch ein Kind. Sie wurde jedoch verhaftet; im Gefängnis fesselte und schlug man sie. Nach ihrer Entlassung begann Anna, am ‚perfekten Plan‘ für ihre Flucht aus Eritrea zu arbeiten. „Aus Eritrea zu entkommen, ist kein Spaß. Wer das Risiko auf sich nimmt, riskiert, exekutiert zu werden.“
Flucht nach Äthiopien mit 16 Jahren
Im Alter von nur 16 Jahren schaffte es Anna, die Grenze zum benachbarten Äthiopien zu überqueren. Dort blieb sie für fünf Jahre, während sie auf die Erlaubnis wartete, zu ihrer Mutter in Israel reisen zu dürfen. Doch ihr Antrag wurde abgelehnt. Deshalb entschloss sie, Äthiopien zu verlassen und die lange und gefährliche Reise nach Europa auf sich zu nehmen.
Der härteste Teil war der Sudan, sagt Anna heute. Nachdem sie 13 Stunden lang ohne Pause zu Fuß unterwegs gewesen war, wurde sie von einem Kleintransporter mitgenommen, auf dem sich bereits 25 andere Menschen drängten. Ihre Beine und Füße fühlten sich an, als wären sie taub, erinnert sie sich zurück. In der Wüste wurde der Transporter von Menschenhändlern angehalten – sie zwangen alle, sich auszuziehen, um nach Geld und Wertgegenständen zu suchen. Sie stahlen alles, was auch nur irgendeinen Wert besaß. Sie nahmen sogar die Schuhe von manchen Reisenden mit, die nun ihren Weg barfuß fortsetzen mussten.
Anna hält eine Bibel fest umklammert, während sie erzählt. Sie weint nicht, aber ihre Augen sie feucht von all den ungeweinten Tränen. „Ich hatte große Angst. Ich wusste nicht, ob ich es schaffen würde. Ich betete viel, und ich vertraute auf Gott.“
Auf dem Mittelmeer fängt das Boot Feuer
In der sudanesischen Hauptstadt Khartoum traf Anna auf einige Bekannte, mit denen sie gemeinsam nach Libyen weiterreiste. An der Mittelmeerküste schaffte sie es, auf ein Holzboot zu gelangen – gemeinsam mit 300 anderen. Nur wenige Stunden nach dem Start fing das Boot an zu brennen. Die Passagiere konnten das Feuer mit Wasserkübeln löschen, doch der Motor war irreparabel beschädigt. Jemand rief die Seenotrettung, neun Stunden später kam ein Rettungsschiff und brachte die Menschen in den Hafen von Pozzallo in Sizilien.
Nun sitzt Anna im Aufnahmezentrum in Pozzallo. Wie die meisten anderen Menschen aus Eritrea, die hier sind, spricht sie ein paar Worte Italienisch. Dank des kulturellen Mediators Negash von Ärzte ohne Grenzen kann sie uns jedoch ihre Geschichte in ihrer Muttersprache Tigrinya erzählen.
„Ich will studieren und Frieden in meine Heimat bringen.“
„Ich bin am Leben und vertraue Gott“, so Anna. „Ich weiß nicht, wohin ich gehen werde – vielleicht nach Belgien, vielleicht nach England – doch ich weiß, was ich tun werde: Ich will Politikwissenschaften studieren. Dann werde ich eines Tages Frieden zurück in mein Heimatland bringen. Ich habe ein sehr starkes Bedürfnis, zurück nach Eritrea zu gehen.“