Haiti: Frachtflugzeug von Ärzte ohne Grenzen wiederholt von Landung abgehalten

20.01.2010
Patienten sterben mangels dringend benötigter medizinischer Materialien

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Port-au-Prince/Wien, 20. Januar 2010 . Ein Frachtflugzeug von Ärzte ohne Grenzen mit 12 Tonnen medizinischer Ausrüstung, einschließlich Medikamenten, chirurgischem Material und zwei Dialysemaschinen, wurde seit Sonntagnacht dreimal von der Landung auf dem Flughafen von Port-au-Prince abgehalten. Dies trotz der wiederholten Zusicherung, dort landen zu können. Diese Fracht hatte Teile eines Charterfluges mit 40 Tonnen Hilfsgütern an Bord, der am Sonntagmorgen von der Landung abgehalten worden war. Seit dem 14. Januar wurden fünf Flugzeuge von Ärzte ohne Grenzen von ihrem ursprünglichen Ziel Port-au-Prince in die Dominikanische Republik umgeleitet. Diese Flugzeuge transportierten insgesamt 85 Tonnen medizinischer Hilfsgüter.

Im Martissant-Gesundheitszentrum sind fünf unserer Patienten gestorben, weil uns medizinische Hilfsgüter fehlten, die diese Maschine an Bord hatte“, sagte Loris de Filippi, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Choscal-Krankenhauses in Cite Soleil. „Ich habe so etwas bislang noch nicht erlebt. Jedes Mal, wenn ich den Operationssaal verlasse, sehe ich Menschen, die verzweifelt um eine Operation bitten. Heute brauchten im Choscal-Krankenhaus zwölf Menschen lebensrettende Amputationen. Wir waren gezwungen, auf dem Markt eine Säge zu kaufen, um die Amputationen durchführen zu können. Es ist hier ein Wettlauf gegen die Zeit.“

Mehr als 500 Patienten, die dringend operiert werden müssen, sind vom Gesundheitszentrum von Ärzte ohne Grenzen in Martissant in das Choscal-Krankenhaus verlegt worden, in dem seit Donnerstag mehr als 230 Patienten operiert worden sind. Teams von Ärzte ohne Grenzen haben seit den ersten Stunden nach dem Erdbeben gearbeitet. Diese Frachttransporte sind für die Fortsetzung der dringend nötigen medizinischen Hilfe für die Opfer des Desasters entscheidend. Ärzte ohne Grenzen hat rund 3.000 Menschen an fünf verschiedenen Orten in der Hauptstadt medizinisch versorgt und mehr als 400 Operationen durchgeführt.

„Es ist wie die Arbeit in einem Kriegsgebiet“, sagte Rosa Crestani, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Choscal-Krankenhaus. Wir haben kein Morphium mehr, um unseren Patienten den Schmerz zu nehmen. Wir können nicht akzeptieren, dass Flugzeuge, die lebensrettende medizinische Ausrüstung an Bord haben weiterhin abgewiesen werden, während unsere Patienten sterben. Es muss den medizinischen Gütern eine Priorität eingeräumt werden.“

Viele der Patienten sind aus dem Geröll der zerstörten Gebäude gerettet worden und sind sehr gefährdet, an den Folgen des Crush-Syndroms zu sterben, bei dem starke Muskelverletzungen unbehandelt zu Nierenversagen und zum Tod führen können. Dialysegeräte sind entscheidend, um die Menschen in diesem Zustand am Leben zu halten.

Zwei weitere Flugzeuge mit insgesamt 26 Mitarbeitern von Ärzte ohne Grenzen an Bord wurden in die Dominikanische Republik umgeleitet. Fünf Flugzeuge von Ärzte ohne Grenzen mit insgesamt 135 Tonnen Hilfsgütern konnten in Port-au-Prince landen. Weitere 195 Tonnen Hilfsgüter benötigen in den kommenden Tagen eine Landegenehmigung, um die Ausweitung der medizinischen Nothilfeeinsatzes in Haiti fortzusetzen. 

Mehr als 700 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen leisten den überlebenden des Erdbebens in und um Port-au-Prince medizinische Nothilfe. Die Teams arbeiten momentan im Choscal-Krankenhaus, im Martissant-Gesundheitszentrum, im Trinite-Krankenhaus, im Carrefour-Krankenhaus, im Jacmel-Krankenhaus und errichten ein aufblasbares 100-Betten-Krankenhaus in der Region Delma. Außerdem erkunden sie andere Orte außerhalb der Hauptstadt. Ärzte ohne Grenzen hat rund 3.000 Menschen an fünf verschiedenen Orten in der Hauptstadt medizinisch versorgt und mehr als 400 Operationen durchgeführt.