Griechenland: Ärzte ohne Grenzen beendet Arbeit im „Hotspot“ auf der Insel Lesbos

23.03.2016
Entscheidung folgt dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei, das zur erzwungenen Rückkehr von Migranten und Asylbewerbern von der griechischen Insel in die Türkei führen wird.
Refugees in Moria camp and Mytilene's port in Lesbos.
Konstantinos Tsakalidis
The family of Alia Alou from Afrin, Syria, waiting the bus to Mytilene's port outside the camp of Moria in Lesbos on February 10, 2016.

Athen/Wien, am 22. März 2016 – Die internationale humanitäre Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) hat beschlossen, alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem „Hotspot“ auf der Insel Lesbos mit sofortiger Wirkung einzustellen. Die Entscheidung folgt dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei, welches zur erzwungenen Rückkehr von Migranten und Asylbewerbern von der griechischen Insel in die Türkei führen wird.

„Wir haben die extrem schwierige Entscheidung getroffen, unsere Tätigkeit im Lager Moria zu beenden, weil uns die Fortführung der Arbeit in der Einrichtung zu Komplizen eines Systems machen würde, das wir als unfair und unmenschlich ansehen“, sagt Marie Elisabeth Ingres, die Einsatzleiterin von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. „Wir werden nicht zulassen, dass unsere Hilfe für eine Operation zur Massenabschiebung instrumentalisiert wird. Wir weigern uns, Teil eines Systems zu sein, das keine Rücksicht auf die humanitären Bedürfnisse oder die Schutzbedürfnisse von Asylsuchenden und Migranten nimmt.“

Aktivitäten in Moria eingestellt, Ersthilfe in Mantamados und Seenotrettung werden fortgesetzt

Ab heute Abend wird Ärzte ohne Grenzen alle Aktivitäten einstellen, die im Zusammenhang mit dem „Hotspot“ Moria stehen, darunter der Transport von Flüchtlingen in das Zentrum, die Hygiene-Aktivitäten sowie die Klinik innerhalb des Lagers. Ärzte ohne Grenzen wird die Arbeit im Transitzentrum der Organisation in Mantamados fortführen, wo Neuankommenden Ersthilfe geleistet wird. Auch die Seenotrettung an der Nordküste von Lesbos wird fortgesetzt. Personen außerhalb des „Hotspots“ wird Ärzte ohne Grenzen weiterhin mit mobilen Kliniken versorgen.

Ärzte ohne Grenzen war seit Juli 2015 im Moria-Lager auf Lesbos tätig. Die Hilfe umfasste neben medizinischen Behandlungen auch psychologische Betreuung, das Verteilen von Hilfsgütern sowie Hygiene-Aktivitäten. Insgesamt hat Ärzte ohne Grenzen auf der Insel Lesbos bisher 24.314 medizinische Behandlungen durchgeführt, davon 12.526 in Moria. Psychologen von Ärzte ohne Grenzen haben 401 Personen in Einzelsitzungen betreut und 584 Gruppensitzungen mit 3.532 Teilnehmern durchgeführt. Die Teams haben auch temporäre Notunterkünfte zur Verfügung gestellt und Transport zwischen dem Norden und den Registrierungszentren Moria und Kara Tepe im Süden der Insel angeboten. Seit dem 13. März hat Ärzte ohne Grenzen 12.952 Neuankommende transportiert.