Elfenbeinküste: Bevölkerung gefangen im Konflikt

16.03.2011
Gewaltsame Auseinandersetzungen werden immer schlimmer
Liberia 2011
Katrin Kisswani/MSF
Nimba, Liberia, 05.01.2011: Mobile Klinik von Ärzte ohne Grenzen: Sie versorgt sowohl die lokale Bevölkerung als auch Vertriebene aus der Elfenbeinküste mit medizinischer Hilfe.

Wien, 16.März 2011: In den vergangenen Wochen führten immer intensivere gewaltsame Auseinandersetzungen und eine politische Pattstellung zu schweren Konsequenzen für die Bevölkerung des Landes, sagte die internationale humanitäre Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) heute. 

In der Hauptstadt Abidjan und im Westen des Landes wurden erneut Menschen durch die anhaltenden Kämpfe vertrieben. Die unsichere Lage und der Mangel an Medikamenten infolge internationaler Sanktionen erschweren es Opfern der Gewalt und auch allen anderen Menschen, die medizinische Hilfe benötigen, Unterstützung zu bekommen.

Nur ein einziges Krankenhaus funktioniert weiterhin normal im Distrikt Abobo in Abidjan, wo zwei Millionen Menschen leben. Die Gewalt hat die meisten Angestellten in den anderen beiden Distrikt-Krankenhäusern zur Flucht gezwungen. Seit Ende Februar bietet Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium medizinische Nothilfe im Krankenhaus Abobo Süd an.

Verletzungen durch Schusswaffen und Messer

„Innerhalb von zwei Wochen haben wir 129 Menschen in der Notaufnahme behandelt, darunter 81 Patienten mit Verletzungen durch Schusswaffen und Messer. 31 schwere Fälle mussten wir operieren“, berichtet der Noteinsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen, Dr. Mego Terzian. Zusätzlich hat Ärzte ohne Grenzen die Anzahl der Betten von zwölf auf 20 erhöht, um Raum für die steigende Anzahl an Patienten zu schaffen.

Die Menschen haben Angst ihre Häuser zu verlassen und Hilfe im Krankenhaus zu suchen. Es ist gefährlich sich in der Hauptstadt zu bewegen, da es immer wieder Gewaltausbrüche und Straßenblockaden durch junge Männer  - bewaffnet mit Knüppeln und Macheten  - gibt. Die unsichere Lage hat auch zur Flucht vieler Bewohner und Bewohnerinnen geführt. In den vergangenen Wochen haben Vertriebene aus Abidjan rund 20 Lager errichtet, in denen die medizinische Situation unklar ist.

Flucht nach Liberia

Die Auseinandersetzungen haben auch im Westen des Landes große Fluchtbewegungen ausgelöst. Insgesamt mehr als 82.000 Menschen haben im benachbarten Liberia Zuflucht gesucht, 45.000 allein in den letzten drei Wochen. 

Seit Dezember arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Liberia und im Westen von Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), wo sie Basisgesundheitsversorgung in Gesundheitseinrichtungen anbieten, die vom nationalen Gesundheitspersonal verlassen wurden und wo Medikamente fehlen. Die kürzliche Wiederaufnahme der Kämpfe hat die Situation für die Bevölkerung weiter verschlechtert.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen leisten medizinische Hilfe für die Bewohner und Bewohnerinnen der Städte Duékoué und Guiglo sowie für die Vertriebenen in der Region. Außerdem bereiten sie sich darauf vor, auch in Bangolo und Zouan-Hounien medizinische Hilfe anbieten zu können. Dennoch, die instabile Lage macht den Zugang zu den Vertriebenen schwierig, insbesondere in den Regionen an der Grenze zu Liberia.

Rechtzeitiges Eingreifen entscheidend

„In diesem Kontext, wo der Zugang zu Behandlung so schwierig ist und viele Menschen auf der Flucht sind, muss es für unsere Teams möglich sein, die Bevölkerung zu erreichen. Das ist auch wichtig, um die Entwicklung des Gesundheitszustandes der Betroffenen im Auge zu behalten und rechtzeitig medizinisch eingreifen zu können“, meint der Koordinator des Noteinsatzes von Ärzte ohne Grenzen, Renzo Fricke.

Der bewaffnete Konflikt ist nicht die einzige Hürde im Hinblick auf medizinische Behandlung. Durch die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen gegen Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste) seitens der internationalen Gemeinschaft und Transportprobleme ist es zu einem Mangel an Medikamenten und medizinischem Material gekommen. In vielen Regionen fehlt es in den Gesundheitseinrichtungen an Medikamenten für die Basisgesundheitsversorgung und für die Behandlung von akuten und chronischen Erkrankungen, insbesondere für Dialysebehandlungen.

Obwohl nicht alle medizinischen Bedürfnisse im Land abgedeckt werden können, ist die Versorgung der verschiedenen Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten und medizinischem Material enorm wichtig.

Weitere Inhalte zum Thema