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Cholera in Mosambik: Wie sorgt man für sauberes Wasser?
Zur Eindämmung einer Cholera-Epidemie ist die Verbesserung der Trinkwasserqualität und der Sanitäranlagen essenziell – denn die Durchfallerkrankung wird durch Wasser übertragen. In Mosambik forderte ein aktueller Ausbruch bisher laut offiziellen Angaben 48 Todesopfer; rund 6.000 Menschen sind erkrankt. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen arbeiten an der Verbesserung der Situation – doch dazu braucht es mehr als nur kleine technische Reparaturen.
„Was willst du tun: Eine Anlage zur Wasseraufbereitung bauen oder die Menschen davon überzeugen, sie tatsächlich zu verwenden?“ fragt unsere Gesundheitspromotorin Eveline den Wasser- und Hygienespezialisten Mihail.
Die groben Gummistiefel und die staubigen Westen der Teams Ärzte ohne Grenzen sehen zwar nicht unbedingt nach einer „diplomatischen Mission“ aus, doch genau darum geht es an diesem Morgen: Gespräche, Erklärungen und Überzeugungsarbeit zu leisten, damit lokale Anführer und Oberhäupter verstehen, wie Cholera bekämpft werden kann.
Unser Cholera-Behandlungszentrum in Tete im Nordwesten von Mosambik nahm kürzlich eine steigende Zahl an Kranken aus Chimadzi auf. Das Stadtviertel ist eine Mischung aus einem städtischen Slum und einem großen Dorf. Ein Cholera-Ausbruch bedeutet, dass es nicht genügend sauberes Trinkwasser gibt und nur mangelnde Hygiene- und Sanitäranlagen zur Verfügung stehen. Deshalb spielen „WatSan“-Teams (engl. Abk. f. “Water and Sanitation”, Wasser und Sanitär) wie das des Spezialisten Mihail Papageorgiou eine essenzielle Rolle bei einem Noteinsatz zur Eindämmung einer Epidemie. Er weiß auch bereits, was in diesem Gebiet aufgebaut werden müsste: Eine Wasseraufbereitungsanlage, die Wasser aus dem nahgelegenen Fluss pumpt, es reinigt und kostenlos den 3.000 hier lebenden Familien zur Verfügung stellt.
Technik und Aufklärungsarbeit müssen zusammenspielen
„Das zentralisierte Aufbereitungssystem wurde genau für solche Noteinsätze entwickelt. Wir könnten mit 20 Leuten hier her kommen und wären nach drei Stunden fertig – Zack, Zack – rein und wieder raus. Die ‚Hardware‘ des Einsatzes, also der Aufbau des bestmöglichen Wasseraufbereitungssystems, ist eine größtenteils technische Angelegenheit und kann rasch erledigt werden“, erklärt unser Wasser- und Hygienespezialist Mihail. „Doch die wahre Herausforderung ist, das Verständnis der Menschen aufzubauen. Sie müssen das System auch richtig verwenden – das ist sozusagen die ‚Software‘. Du kannst das sauberste Wasser der Welt herstellen, aber wenn die Leute dir nicht vertrauen oder das System falsch anwenden, dann hat dein Einsatz nur einen sehr geringen Einfluss auf die Gesundheitslage. An diesem Punkt kommt unser Team für Gesundheitsaufklärung ins Spiel: Wir wollen Informationen und Bildung zurücklassen, kein Chaos. Deshalb müssen wir uns mehr Zeit nehmen.“
Verhaltensmuster sind schwer zu verändern
Mihail untersucht gemeinsam mit dem Logistiker Iain Watermeyer die Wasserpumpe vor Ort – eine mögliche Quelle von verunreinigtem Wasser und damit der Übertragung von Cholera. Währenddessen spricht Eveline Cleyen, die für die Gesundheitsaufkärung zuständig ist, mit lokalen Führern, während sie ein Kleinkind aus der Nachbarschaft auf ihrer Hüfte trägt. Manuel Faquero, einem Gemeinschaftsoberhaupt aus dieser Gegend, stimmt einem gemeinsamen Treffen mit seiner Gemeinde zu, um alles zu besprechen. „Ich versuche sie zu überzeugen, aber es ist schwierig, gewohnte Verhaltensmuster zu verändern“, sagt er.
Cholera wird über Wasser übertragen – wer sich damit ansteckt, hat entweder verunreinigtes Wasser getrunken oder sich nicht an simple Hygieneregeln gehalten: Regelmäßiges Hände waschen, zum Beispiel. Für uns klingt das so einfach.
Viele Faktoren müssen miteinbezogen werden
Doch es spielen viele Faktoren zusammen: Gewohnheiten, Praktikabilität, mangelndes Wissen, fehlendes Vertrauen gegenüber NGOs oder Regierungsvertretern, etc. Es besteht ein riesiger Unterschied, Menschen einerseits zu erklären, was sie zu tun haben – und ihnen andererseits zu zeigen, dass man sich auch bemüht, ihre Situation zu verstehen. Besonders wichtig ist es, das Wasser bei der Entnahmestation eines Aufbereitungssystems selbst zu probieren und zu trinken, zum Beispiel wenn das Wasser in einem Kübel chloriniert wird. So wird den Menschen deutlich gezeigt, dass es nicht ungesund ist oder etwa Cholera überträgt, wenn man Wasser mit unserem beigefügten Chlor trinkt.
Wir klettern hinunter zum Fluss Chimadzi, der etwa zehn Meter von der Pumpe entfernt fließt. Ein großer, flacher Fluss zwischen Sanddünen: Einige hundert Meter breit, aber nicht einmal knöcheltief. Frauen waschen hier Wäsche, nackte Kinder springen herum, ein Esel zieht einen Karren durch. Das Flussbett ist mit Löchern übersät, aus denen Menschen ihr Wasser holen: Der Sand funktioniert als natürlicher Filter, das Wasser in den Löchern ist kristallklar. Jedoch ist es Verunreinigungen durch abrinnendes Wasser oder Staub ausgesetzt.
Veränderung braucht Zeit
Mihael ist nun mit dem Sammeln von Proben fertig und fragt die Menschen, welches Wasser sie lieber trinken. Nun macht alles endlich Sinn: Das Wasser von der Pumpe schmeckt etwas salzig, während das Flusswasser aus den Sandlöchern schmeckt wie… Wasser. Kein Wunder, dass die Menschen hier das Flusswasser bevorzugen. So etwas muss man bei der Fertigstellung einer Wasseraufbereitungsanlage mit bedenken.
Sobald die ersten Liter sauberes Wasser aus der Anlage kommen, liegt der Ball beim Team für Gesundheitsaufklärung und den lokalen Anführern. Es wird Gesprächsrunden geben, wo Fragen stellt werden können – und hoffentlich findet dann eine Veränderung statt. Zumindest, bis der Cholera-Ausbruch eingedämmt ist.
Fünf der insgesamt elf Provinzen von Mosambik sind seit sechs Wochen von mehreren Cholera-Ausbrüchen betroffen. Das Zentrum der Epidemie liegt in der Provinz Tete, wo mehr als die Hälfte der offiziell registrierten Cholera-Fälle auftraten. Ärzte ohne Grenzen ist eine der wichtigsten medizinische Organisation vor Ort und unterstützt die lokalen Gesundheitsbehörden. Zu den Aktivitäten zählen die Bereitstellung adäquater Betreuungseinrichtungen für Cholera-Kranke, Unterstützung bei der Behandlung schwerer Fälle und die Rekrutierung zusätzlicher medizinischer Fachkräfte, um steigende Patientenzahlen zu bewältigen. Zusätzlich steht ein Notfall-Team bereit, das auf neuerliche Erkrankungswellen reagieren kann und die Bevölkerung über Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen aufklärt. Auch werden in den am schwersten betroffenen Gebieten Wasser- und Sanitärmaßnahmen durchgeführt.