Bangui: Unsicherheit, Plünderungen, Wasser- und Strommangel

30.03.2013
Mitarbeiter schildert die Lage in der Hauptstadt
Mitarbeiter bei einer Wasserstelle im Spital von Bangui.
Francois Beda/MSF
Bangui, Zentralafrikanische Republik, 28.03.2013: Ärzte ohne Grenzen unterstützt unter anderem das Gemeindespital von Bangui.

Vor über einer Woche hat in der Zentralafrikanischen Republik die Oppositionsgruppe Seleka die Hauptstadt Bangui übernommen. Sylvain Groulx, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in der Zentralafrikanischen Republik, schildert die Lage in der Stadt. Er spricht über die Konsequenzen, die sich aus den Kämpfen und Plünderungen auf die Bevölkerung entwickeln können. Viele der Menschen verstecken sich nach wie vor in den Wäldern – zudem steht die Regenzeit bevor.

Wie ist die Situation jetzt?

Die Situation wird langsam besser, aber ein Gefühl der Unsicherheit bleibt auch am Tag allgegenwärtig und nachts hören wir noch Schüsse. Wir wissen, dass es weiterhin einige Plünderungen gibt. Wir nehmen auch die Angst in der Bevölkerung wahr: Die Menschen ängstigen sich immer noch, rauszugehen, ihre Häuser zu verlassen, und es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel. Selbst wenn die Leute wieder arbeiten gehen wollen, ist es für sie schwierig, sich zu fortzubewegen. Wenn sie in die Krankenhäuser kommen wollen, stehen sie vor dem gleichen Problem.

Wie sieht es mit Wasser und Strom aus? Ist die Versorgung in Bangui wieder hergestellt?

Noch nicht, und das ist für die Bevölkerung ein Problem. Die Menschen nutzen hier in der Umgebung kleine Brunnen. Aber das heißt nicht, dass es Trinkwasser geben würde. Der Mangel an Wasser und Strom ist auch ein großes Problem für den Betrieb von Krankenhäusern und Gesundheitszentren.

Wie hilft Ärzte ohne Grenzen in der Stadt?

Wir unterstützen die öffentlichen Krankenhäuser, wo die meisten Verwundeten und Kranken aktuell behandelt werden. Das Amitié-Krankenhaus ist derzeit geschlossen, da das Personal bisher nicht an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt ist. Das Gleiche gilt für das Castor-Gesundheitszentrum, das eine Entbindungsstation, Operationsräume und allgemeine Behandlungsräume unterhält. Außerdem haben wir 3.000 Liter Kraftstoff an die Krankenhäuser geliefert, sodass sie Strom für Operationen zur Verfügung haben. Und wir werden einen Lastwagen einsetzen, der sauberes Wasser in die Krankenhäuser liefert.

Was ist mit dem Rest des Landes?

Momentan schaut alle Welt nur nach Bangui. Aber wir richten unsere Blicke schon auch auf den Rest des Landes, wo uns die noch immer unsichere Lage besorgt und Plünderungen weiterhin an der Tagesordnung sind. Erst gestern haben wir aus dem Krankenhaus in Bossangoa, aus dem regelmäßig Patienten in unsere Einrichtungen nach Bangui geschickt werden, erfahren, dass es komplett geplündert wurde - eines der größten Krankenhäuser der Gegend. Wir stellen gerade ein Team zusammen, um die Lage vor Ort zu erkunden, sobald dies einigermaßen sicher möglich ist. Wir wollen so feststellen, wie wir dort helfen können. In Batangafo, Kabo und Ndéle, Boguila, Zémio, Carnot und Paoua führen wir unsere Aktivitäten momentan fort. Nur in den Randgebieten einiger dieser Orte ist es zu gefährlich, dort können wir nicht arbeiten.

Ihr macht euch Sorgen um die ländliche Bevölkerung?

Obwohl viele Menschen wieder in ihre Dörfer zurückkehren können, befürchten wir, dass sich einige immer noch im Umland verstecken. Dazu muss man sagen, dass diese Menschen durch die Plünderungen und Gefechte vor allem finanziell in Not geraten: Sie verlieren ihr Einkommen, ihr Hab und Gut, ihre Werkzeuge, ihre Vorräte. Wir sind daher auch um den Ernährungszustand und die Gesundheit dieser Menschen sehr besorgt.

Wie beeinflusst die Regenzeit diese Situation?

Die Regenzeit ist hier von Mai bis November. In dieser Zeit ist es schwierig, wenn nicht unmöglich, Teile des Landes zu erreichen. Sie werden von der Außenwelt abgeschnitten sein und sind damit auch für Hilfsorganisationen nicht mehr zu erreichen. Gerade in Anbetracht der regelmäßigen Nahrungsmittelengpässe in dieser Zeit können die Plünderungen von Vorräten und Nahrungsmitteln fatale Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit der Region haben.