Akute Mangelernährung und Meningitis: Tschad kämpft mit doppelter Krise

29.03.2012
Sofortige Hilfe notwendig

Themengebiet:

Tschad 2012
Natacha Buhler
Massakory, Tschad, 07.04.2011: Dieser kleine Junge litt ebenfalls an schwerer Mangelernährung. Er wurde in Massakory von Ärzte ohne Grenzen behandelt.

Wien/N’Djamena, 29. März 2012. Die schwere Mangelernährung hat in Teilen der Sahel-Zone im Tschad das Ausmaß einer Notsituation erreicht und erfordert sofortige lebensrettende Maßnahmen, berichtet die humanitäre Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF). Zugleich muss rasch reagiert werden, um einen Meningitis-Ausbruch einzudämmen.

„Wir können jetzt deutlich beobachten, dass es in einigen Teilen des Tschad bereits sehr alarmierende Raten von Unterernährung bei Kindern gibt“, warnt Dr. Kodjo Edoh, der Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Tschad. „Wir befürchten, dass diese Situation auch auf andere Bezirke des Landes zutrifft und fordern die Regierung des Tschad und humanitäre Organisationen auf, dies zu untersuchen und entsprechend zu reagieren.“

 

Untersuchungen in Region Wadi Fira

 

Ärzte ohne Grenzen hat im Februar im Bezirk Biltine in der Region Wadi Fira im Osten des Landes, eine Untersuchung der Ernährungssituation durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass bei Kindern unter fünf Jahren die Rate schwerer akuter Mangelernährung bei 6,5 Prozent lag. Die Rate der globalen akuten Mangelernährung lag in derselben Altersgruppe  bei 24,3 Prozent. Dies ist beunruhigend, weil der Februar üblicherweise der Monat mit den niedrigsten Mangelernährungsraten ist. Die gemessenen Raten weisen auf eine erhebliche Verschlechterung hin: Laut UNICEF betrugen die entsprechenden Prozentsätze in der Region im August und September 2011 für schwere akute Mangelernährung 4,6 Prozent und 18 Prozent für globale akute Mangelernährung. Mehrere Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen: geringere Ernte-Erträge als üblich, Getreideschädlinge sowie eine Wirtschaftsleistung, die aufgrund der Verringerung von Überweisungen aus Libyen rückgängig ist.

 

Noteinsatz startet

 

Diese Woche wird Ärzte ohne Grenzen in der Stadt Biltine in Zusammenarbeit mit dem tschadischen Gesundheitsministerium einen Noteinsatz starten, der ein intensiv-therapeutisches Ernährungszentrum sowie ein Behandlungszentrum für schwerkranke (nicht unterernährte) Patienten umfassen soll. Ambulante therapeutische Ernährungszentren in entlegenen Gebieten sind ebenfalls in Kürze geplant.

In Yao in der Region Batha hat Ärzte ohne Grenzenein Ernährungsprojekt gestartet, das stationäre und ambulante Behandlung sowie medizinische Grundversorgung und Impfungen einschließt und auch auf hohe Levels von schwerer akuter Mangelernährung reagiert. Eine Untersuchung ist derzeit auch in den Regionen Hadjer Lamis, Abéché und Ouaddai in Gange.

 

Meningitis-Ausbruch

 

Gleichzeitig ist im Tschad die Meningitis ausgebrochen. In acht Bezirken hat die Zahl der Erkrankten den Grenzwert überschritten, ab der man von einer Epidemie spricht, vier weitere Bezirke sind in Alarmbereitschaft. Allein in den Bezirken Oum Hadjer und Am Timan im Südosten des Landes sind 356 Personen an Hirnhautentzündung erkrankt, 16 sind daran gestorben. Auch in den Bezirken Am Dam, Abou Deia im Südosten des Tschad und in Lere, Dono Manga, Massakory und Bediondo im Südwesten wurde der Grenzwert überschritten.

Als Reaktion darauf startet Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit dem tschadischen Gesundheitsministerium in den kommenden Wochen in den Bezirken Oum Hadjer, Am Timan, Lere und Pala Impfkampagnen gegen Meningitis. Insgesamt sollen mehr als 900.000 Menschen im Alter von 1 bis 29 Jahren geimpft werden.

Während der Impfkampagne wird der neue Impfstoff gegen Meningitis "MenAfriVac" genutzt, der eine längere Immunität für einen größeren Teil der Bevölkerung als bisherige Impfstoffe gewährt. In beiden Bezirken werden an Meningitis erkrankte Patienten behandelt.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 1981 im Tschad und bietet derzeit medizinische Hilfe in Am Timan, Moissala, Massakory und Abéché an und reagiert auf Mangelernährungsfälle und Epidemien.

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