Ärzte ohne Grenzen verurteilt unbegrenzte Inhaftierung von Migranten

08.04.2014
Migranten wird Inhaftierung angedroht, bis sie von selbst wieder ausreisen.
Griechenland Aufenthaltslager
MSF
Griechenland, 31.03.2014: Ärzte ohne Grenzen hat mehrfach die menschenunwürdigen Zustände in griechischen Auffanglagern für Flüchtlinge kritisiert.

Athen/Wien, am 8. April 2014 - Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) protestiert scharf gegen die Androhung unbegrenzter Haft für Migranten durch die griechischen Behörden. In mindestens zwei Haftzentren im Norden Griechenlands hat die Polizei den internierten Migranten angekündigt, sie so lange einzusperren, bis sie von selbst wieder ausreisen. Die Migranten in den Hafteinrichtungen Fylakio im Bezirk Evros und Paranesti im Bezirk Drama reagierten schockiert.

„Wir haben erst vor wenigen Tagen öffentlich darauf hingewiesen, dass eine systematische Inhaftierung von Migranten über einen langen Zeitraum schädliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat“, sagt Ioanna Kotsioni, Migrationsexpertin von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. „Wir sind empört, dass die griechischen Behörden die Haftzeiten jetzt sogar über die bisherige Höchstdauer von 18 Monaten ausweiten wollen. Migranten werden monatelang unter inakzeptablen Bedingungen eingesperrt. Jetzt wird es noch schlimmer: Die Androhung unbegrenzter Haft wird sogar als Druckmittel eingesetzt.“

 

Auswirkungen der Inhaftierung

 

In dem Bericht „Invisible Suffering“ ("Unsichtbares Leid") hat Ärzte ohne Grenzen am 1. April auf die schwerwiegenden Auswirkungen systematischer Inhaftierungen auf die physische und psychische Gesundheit von Migranten und Asylsuchenden hingewiesen. Der Bericht basiert auf sechs Jahren Erfahrung in der medizinischen Hilfe in griechischen Hafteinrichtungen. Fallstudien zeigen, wie Überbelegung, schlechte Hygiene- und Haftbedingungen zusammen mit langen Internierungszeiten zu vielfältigen Gesundheitsproblemen führen: zu Atemwegs-, Magen-Darm- und Haut-Erkrankungen ebenso wie zu Angstzuständen, Depressionen und psychosomatischen Störungen.

Ärzte ohne Grenzen fordert von Griechenland und der Europäischen Union, die wahllose und überlange Inhaftierung von Migranten und Asylwerbern zu beenden - insbesondere die Inhaftierung von Minderjährigen, Folteropfern und chronisch Kranken. Die Organisation fordert darüber hinaus, die Haft in ungeeigneten Einrichtungen zu beenden und in ein Aufnahmesystem zu investieren, das den medizinischen und humanitären Bedürfnissen der Migranten gerecht wird.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 2008 medizinische und humanitäre Hilfe für Migranten und Asylsuchende in Griechenland, die von den Behörden festgehalten werden. Für diese Einsätze werden ausschließlich private Spenden verwendet. 2013 und 2014 hat Ärzte ohne Grenzen in sechs Auffanglagern für Migranten im Norden Griechenlands gearbeitet und die Lage in 27 Polizeiwachen, Stationen der Grenzpolizei und der Küstenwache sowie in Abschiebezentren in ganz Griechenland untersucht.