Ärzte ohne Grenzen verurteilt Gewalt gegen Zivilisten

11.09.2013
Welle der Gewalt: Medizinische Teams mussten 26 Patienten mit Macheten- und Schusswunden behandeln.
Zentralafrikanische Republik
Jacob Zocherman/Kontinent
Zentralafrikanische Republik, 17.07.2013: Während der Regenzeit sind viele Strassen ausserhalb der Hauptstadt Bangui unpassierbar. Ärzte ohne Grenzen plant den Einsatz mobiler Kliniken, um Menschen, die sich aufgrund der Gewalt im Busch verstecken mussten, zu untersuchen.

Bangui/Wien, am 11. September 2013. Nach einem erneuten Ausbruch der Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik verurteilt die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Bouca. Mitarbeiter der Organisation mussten in dem etwa 325 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bangui gelegenen Dorf 26 Menschen behandeln, die mit Macheten oder Schusswaffen verletzt worden waren. Unter den Betroffenen befanden sich acht Frauen und sechs Kinder.

Gewalt und Gräueltaten

Die Kämpfe in Bouca waren Montagfrüh ausgebrochen, als Bewaffnete – angeblich Unterstützer des gestürzten Präsidenten François Bozizé – in das Dorf eindrangen. Sie verließen es wieder, bevor Truppen des Séléka-Bündnisses eintrafen. Neben den von Ärzte ohne Grenzen behandelten Menschen mussten fünf Patienten aufgrund ihres kritischen Zustands in das Krankenhaus in der Stadt Batangafo gebracht werden. Ärzte ohne Grenzen ist zutiefst beunruhigt über die Übergriffe auf Zivilisten und über die Gräueltaten gegen die Bevölkerung, die von beiden Konfliktparteien in Bouca verübt wurden. Eine unbekannte Anzahl Menschen wurde getötet oder hingerichtet, Häuser wurden niedergebrannt. Diese neue Welle der Gewalt in Bouca und der Bossangoa-Region verursacht weiteres Leid für die Zivilbevölkerung, die bereits seit Monaten mit Konflikten und wiederholten Vertreibungen zu kämpfen hat. In den Programmen von Ärzte ohne Grenzen in Bossangoa, Batangafo und Paoua wurde im letzten Monat ein Anstieg an Patienten mit Verletzungen beobachtet, die auf Gewalt zurückzuführen waren. Ärzte ohne Grenzen ist auch besorgt über mögliche Auswirkungen der Rhetorik, die seit dem Séléka-Aufstand im März vorherrscht und noch weitere Gewalt im Land schüren könnte.

„Wir machen uns große Sorgen, dass die Kämpfe und Vergeltungsschläge noch weiter eskalieren könnten“ erklärt Sylvain Groulx, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in der Zentralafrikanischen Republik. Die Bewohner sind aus Bouca geflohen, als die Häuser niedergebrannt wurden, etwa 300 Menschen haben in einer katholischen Einrichtung in der Stadt Zuflucht gesucht. Ärzte ohne Grenzen plant den Einsatz mobiler Kliniken, um ihre Situation und jene der Menschen, die sich im Busch verstecken, zu untersuchen. Derzeit werden weitere Familien aus ihren Häusern in den Busch vertrieben, und dies zu einem Zeitpunkt, wo die Malariagefahr sehr groß ist.

Humanitäre Helfer ermordet

In der nahe gelegenen Stadt Bossangoa sind die Teams von Ärzte ohne Grenzen alarmiert, da sie in den letzten zwei Wochen über 25 Einzelfälle von Opfern mit Schusswunden oder mit Verletzungen durch Macheten behandelt haben. Diese plötzliche Eskalation von Gewalt hat die Atmosphäre der Angst unter den Gemeinschaften verstärkt, Tausende Menschen sind auf der Suche nach Schutz aus der Stadt geflohen. Ärzte ohne Grenzen ist auch über die berichteten Angriffe gegen Gesundheitspersonal im Land beunruhigt und verurteilt die Morde an zwei humanitären Helfern der Organisation ACTED vergangenen Samstag in Bossangoa. „Ärzte ohne Grenzen verurteilt diese furchtbaren Gewaltakte gegen die Bevölkerung und ruft alle Konfliktparteien dazu auf, die Sicherheit der Zivilbevölkerung sowie der humanitären Helfer und von Gesundheitspersonal zu respektieren“ erklärt Groulx.

Derzeit führt Ärzte ohne Grenzen alle medizinischen Aktivitäten im Land weiter:  Die Hilfsprogramme, die vor dem Staatsstreich im März begannen und jene, die als Reaktion auf den akuten Bedarf einer Bevölkerung gestartet wurden, die unter Vertreibungen, hohen Malariaraten und dem Zusammenbruch des öffentlichen Gesundheitssystems zu leiden hat. Ärzte ohne Grenzen betreibt sieben reguläre Projekte in der Zentralafrikanischen Republik und hat vor kurzem an vier weiteren Orten Nothilfeprogramme eingeleitet.