Kommentar von Laura Leyser
04.12.2023
Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich erklärt, wie uns unsere Prinzipien dabei helfen Menschenleben weltweit zu retten.

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Als humanitäre Hilfsorganisation sind wir in vielen Ländern tätig, in denen Krieg herrscht. Wir werden daher immer wieder gefragt, auf welcher Seite wir stehen - manchmal wird uns eine Seite einfach unterstellt.  

Aber die Wahrheit ist: Uns sind die Seiten im Konflikt egal. Die einzige Seite, die für uns zählt, ist die der betroffenen Menschen, die unserer Patient:innen. Wir handeln streng nach den Prinzipien Unabhängigkeit, Neutralität und Überparteilichkeit. Dadurch erreichen wir die Menschen in Krisen- und Konfliktgebieten weltweit, die unsere Hilfe am dringendsten brauchen.  

Gerade jetzt – auch im Zusammenhang mit dem Israel-Gaza-Konflikt – sehen wir, dass unsere Prinzipien in Medien und sozialen Netzwerken immer wieder in Frage gestellt werden.  

Deswegen möchte ich aufzeigen, wie eng unsere Prinzipien mit unserer Handlungsfähigkeit, Menschenleben zu retten verknüpft sind. 

Überparteilichkeit: Medizinische Hilfe ohne Diskriminierung

Wir helfen allen Menschen. In Krisen- und Konfliktgebieten bieten wir medizinische Versorgung unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, politischer Überzeugung oder religiöser Anschauung.  

Unser Fokus liegt einzig und allein darauf, das Leiden der Menschen zu lindern und Leben zu retten. Die Menschen, die am stärksten und am unmittelbarsten in Not sind, haben für Ärzte ohne Grenzen Vorrang. 

Deswegen sind wir auch schon seit über 30 Jahren im Gazastreifen und im Westjordanland tätig. Und wir werden so lange dort sein, solange die Menschen dort unsere Hilfe brauchen. Im Oktober haben wir auch Israel medizinische Unterstützung angeboten, diese wurde abgelehnt, weil das Gesundheitssystem in Israel sehr gut funktioniert. Wir stehen jederzeit bereit, wenn der Bedarf entsteht. 

Gaza - Al Aqsa Hospital
Mohammed ABED
Unsere Hilfe Ende November 2023 im Al Aqsa Krankenhaus in Gaza

Neutralität: in Dialog treten, Leben retten

Wir ergreifen keine Partei in bewaffneten Konflikten. Wir arbeiten mit allen Akteur:innen vor Ort zusammen, um sicherzustellen, dass unsere Hilfe diejenigen erreicht, die sie am dringendsten benötigen.  

So schaffen wir es, Beziehungen und Vertrauen aufzubauen, selbst in den komplexesten und unsichersten Umgebungen. Das ist auch unbedingt notwendig, um die Sicherheit unserer Teams und unserer Patient:innen zu gewährleisten. 

MSF compound gate in Dagahaley camp
Paul Odongo/MSF
In all unseren Kliniken und Krankenhäusern weltweit gilt ein striktes Waffenverbot.

Unsere Neutralität ermöglicht es uns, Zugang zu den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen zu erhalten und dort zu helfen, wo die Not am größten ist. 

Unabhängigkeit: Flexibilität in der humanitären Hilfe

Wir finanzieren uns fast zu hundert Prozent aus privaten Spenden. Diese Unabhängigkeit ermöglicht es uns, flexibel und schnell auf humanitäre Krisen zu reagieren. Wir sind an keine politischen oder wirtschaftlichen Interessen gebunden - und das erlaubt es uns, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort an oberste Stelle zu setzen.  

Dank dieser Unabhängigkeit können wir auch sofort auf Ereignisse wie Naturkatastrophen reagieren.  

NW Syria Mobile Clinics and NFI 12
Omar Haj Kadour
Hunderttausende Menschen waren nach dem Erdbeben in Syrien und der Türkei im Februar 2022 von schneller humanitärer Nothilfe abhängig.

Unsere Unabhängigkeit  ist die Grundlage unseres Handelns und schafft Vertrauen - einerseits bei unseren Patient:innen, andererseits auch bei unseren Unterstützer:innen. 

Krankenhäuser dürfen keine Ziele sein

Genauso wie wir uns strikt an unsere Prinzipien und an das Internationale Humanitäre Völkerrecht halten, so fordern wir auch, dass sich alle anderen Akteur:innen daran halten. Wir sehen in letzter Zeit vermehrt Angriffe auf Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen, wie in Gaza oder der Ukraine.  

Medizinische Einrichtungen in Krisen- und Konfliktgebieten dürfen nicht zur Zielscheibe werden.

Genauso wenig wie Patient:innen, deren Angehörige und medizinisches Personal. Krankenhäuser müssen sichere Orte sein, damit wir weiterhin Leben retten können.  

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