Kommentar von Ursula Pregernig
26.08.2022
Einige Wochen war unsere Büromitarbeiterin Ursula Pregernig in einem Dorf etwa eine halbe Stunde östlich von Rzeszow in Polen, nahe der ukrainischen Grenze, auf Einsatz. Sie berichtet.

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Mein erster Einsatz für Ärzte ohne Grenzen. Der zweite Krieg in Europa, den ich erlebe.

Ursula Pregernig, aus ihrem Einsatz in Polen.

Seit drei Jahren arbeite ich im Wiener Büro für Ärzte ohne Grenzen als Datenanalystin, aber für drei Wochen sah mein Arbeitsalltag anders aus. In Notfallprojekten muss es schnell gehen. So hat auch mein Einsatz begonnen. Innerhalb eines Tages habe ich eine Zusage erhalten und drei Tage später war ich in Polen.

"Du musst flexibel sein."

Das war der erste und treffendste Rat, den ich bekommen habe. Die kommenden Wochen war er Programm. Bei meiner Ankunft in Rzeszow hat mich ein buntes Bild erwartet. Dort befindet sich eine große NATO-Basis, das bedeutet, neben der Bevölkerung sieht man dort viele US-amerikanische Soldat:innen in Uniform, aber genauso Mönche in orangen Kutten, Nonnen, Reporter:innen in ihren Trekkingschuhen, und humanitäre Helfer:innen.

Jetzt helfen!

Organisation macht Hilfe möglich

Für mich ging es direkt weiter in ein kleines Dorf am Weg zur Grenze. In diesem Dorf haben wir einen Support- und Transitstützpunkt, um die Projekte in der Ukraine, allen voran die Koordination in Lwiw zu beliefern. Lwiw ist auch gleichzeitig ein zweiter Stützpunkt, ein weiterer ist Dnipro. Von diesen Stützpunkten aus betreiben wir verschiedene Projekte. Die medizinischen Zugtransporte, die Verletzte aus Städten aus dem Osten nahe der Front wie zum Beispiel Charkiw oder Pokrowsk in den Westen nach Lwiw evakuieren und mittlerweile durch ein System an Krankenwagen-Überweisungen unterstützt werden. Direkte Zusammenarbeit mit Krankenhäusern im ganzen Land, zu Trainings für Notfallversorgung und Triage, oder die medizinische und psychologische Versorgung mit mobilen Kliniken.

In die und aus der Ukraine kommen unsere Mitarbeiter:innen über den Standort in Polen. Für deren Transit war ich unter anderem verantwortlich. Für die nächsten Wochen war ich im Projekt die Finanz- und Personal-Spezialistin. Das ist ein administrativer Job und hauptsächlich war ich am Organisieren.  Gerade bei den Transits gibt es viele Änderungen. Fast immer kurzfristig. Dafür braucht man ein System, das funktioniert. Ich war durchgehend in Kontakt mit den durchreisenden Mitarbeiter:innen, dem eigenen Team, dem Team in Lwiw und der Zentrale. Jeden Tag. Manchmal auch mitten in der Nacht. Unser Team bestand aus sechs bis neun Leuten. Eine medizinische Koordinatorin, mehrere Logistiker:innen und ich. Für mich sind sie sofort zu einer zweiten Familie geworden.

Ursula Pregernig

Ich habe viel gelernt in meinem ersten Einsatz. Über unsere Arbeit, aber auch über mich.

Ursula Pregernig, aus ihrem Einsatz in Polen.

Es ist schön zu sehen, wie die Puzzleteile, die ich aus meiner Arbeit im Büro kenne, jetzt durch diesen Einsatz ein vollständigeres Bild ergeben. Zu sehen, welchen Beitrag wir alle leisten, sei es mit einer Spende, unserer Arbeit im Büro, im Feld, und in unterschiedlichen Rollen. Patient:innen, Spender:innen, Mitarbeiter:innen. Jede:r einzelne.

Von Ferne und Nähe

Was mich wie so viele besonders beschäftigt, ist die Nähe des Krieges zur eigenen Heimat. Eine Ärztin teilte ihre Gedanken mit mir, die ihr kamen, als sie das Haus einer Patientin in Hostomel bei Bucha betrat: „Hier sieht es aus wie zuhause bei meiner Großmutter. Das Ausmaß der Zerstörung ist aber vergleichbar mit Syrien. Die Leute haben Angst, aus ihren Bunkern zu kommen."

Ich bin mitgefahren zum Transit an die Grenze bei Medyka.. Der Weg dorthin hat mich an die Autofahrten erinnert, die wir als ich ein Kind war zu meinen Großeltern nach Mistelbach machten. Die Gegend sah genauso aus. Wir spielten immer, wer am meisten Rehe zählen konnte. Auch jetzt habe ich einige Rehe gezählt. 

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